Drei wandlungsfähige Jungs

Jul 04, 2005 | 

The Age (Australien)
Drei wandlungsfähige Jungs
Von Guy Blackman
29. Mai 2005

Der Jüngste in der Band wird dieses Jahr 20 Jahre alt, doch in den Augen ihrer Fans werden die drei Hanson Brüder wohl für immer niedliche kleine Jungs bleiben. Und darüber, stellt Guy Blackman fest, sind Hanson nicht allzu glücklich.

Im November letzten Jahres gaben die drei Brüder ein Konzert in einem Musikclub in der Innenstadt von Melbourne. Zumindest sah es so aus, als ob sie versuchten, mit ihrer Musik aufzutreten. Dank eines Raumes vollgestopft mit Mädels im Teenager Alter, ging jeder Ton, den sie spielten, buchstäblich in durchdringendem Gekreische unter.

Die jungen Fans, die beim Konzert waren, mussten damals noch in der Grundschule gewesen sein, als Hanson aus Tulsa, Oklahoma im Jahre 1996 mit dem ansteckenden MmmBop groß rauskamen und zum Inbegriff der Teen-Pop Sensation wurden. Aber die Zeit hat nichts an ihrer tiefen Verehrung geändert. Das Bild der dichtgedrängten Mädchen erinnerte an die Beatle-Mania, an eine Fortsetzung der Teen Hysterie, was zwar irgendwie faszinierend für den Beobachter war, gleichzeitig aber auch erschreckend.

"Die waren völlig außer Kontrolle," zieht der mittlere Bruder, Taylor Hanson, Bilanz über das Publikum in Melbourne. Er ist mittlerweile 22 Jahre alt und bereits ein Musikveteran, also muss er es wissen. Und schließlich war er es, nach dem die Mädchen am lautesten riefen. "Dieses spezielle Konzert war schon sehr, sehr laut. Ich denke, das hat größtenteils damit zu tun, dass es schon fünf Jahre her ist, seit wir das letzte Mal in Australien waren. Das bedeutet, es hat sich eine Menge Begeisterung aufgestaut."

Aber an diesem Abend schien der Grad der Begeisterung selbst für so erfahrene Profis wie Taylor und dessen Brüder Zac (19) und Isaac (24) zu übertrieben zu sein. Die ganze Konzert über verbrachten sie die Pause zwischen den einzelnen Songs damit, sich ermahnend an die Menge zu wenden und die Fans zu bitten, sich doch mehr auf die Musik zu konzentrieren, leider mit dem Resultat, dass der Kreischchor jedes Mal doppelt so laut wurde.

"Wenn ich als zahlender Besucher auf diesem Konzert gewesen wäre, dann wäre ich ziemlich verärgert gewesen," gibt Taylor zu. "Es ist nicht immer gut, wenn man so eine überwältigende Reaktion aus dem Publikum erfährt, weil die Musik dadurch zur Nebensache wird. Aber man kann ja schlecht zu den Leuten sagen, 'Hey, hört auf, so enthusiastisch zu sein'."

Ich muss zugeben, dass der Anblick etwas lächerlich auf mich wirkte, dort auf der Bühne diese fotogene Band der blondhaarigen Brüder, die sich ernsthaft daran machten, Cover Versionen von Songs wie The Weight von The Band oder Knocking On Heaven's Door von Bob Dylan zu spielen, und ihnen gegenüber ein Publikum, das beinahe ausschließlich aus minderjährigen Mädchen bestand (inklusive deren schwer geprüfte Eltern), und die sich bestenfalls vage an solche Songs erinnern können, weil sie vielleicht zur Plattensammlung ihres Vaters gehören oder weil sie irgendwann mal zufällig beim Sender Gold 104 eingeschaltet hatten. Wenn diese starbesessenen, tränenüberströmten Fans nur für eine einzige Minute mit dem Kreischen aufgehört hätten, dann wären sie vielleicht dazu in der Lage gewesen, den Wert der Botschaft, die in der Musik solcher Coverversionen steckt, zu schätzen.

Der jüngste Hanson Bruder Zac wird am 20. Oktober diesen Jahres 20 Jahre alt, und die Band versucht verzweifelt, das Teenystar Etikett ein für alle mal los zu werden. Die Band möchte endlich Anerkennung für das bekommen, als was sie sich von Anfang an gesehen hat - als eine Gruppe engagierter Musiker, die ihr Material selbst schreibt und auch die Intsrumente selbst spielt.

"Als wir damals rauskamen, hieß es zuerst immer ''Na ja, die sind doch nicht echt', weil es einfach zu viele Mogelpackungen unter den jungen Künstlern gibt", sagt Taylor. "Bis heute haben wir ganz schön Mühe, den Leuten klarzumachen, dass wir unsere Songs schon immer selbst geschrieben und auch unsere Instrumente selbst gespielt haben. Dass wir damals noch so jung waren, hat sich halt so ergeben. Ich bin ja mittlerweile erst 22 Jahre alt und immer noch jung, also alles andere als kurz davor, an die Himmelspforte zu klopfen!"

Um dies zu erreichen, haben Hanson ihren Vertrag mit dem Major Label Island Def Jam gekündigt und 3CG (3 Car Garage) ins Leben gerufen, eine unabhängige Plattenfirma, die nach der Garage ihrer Eltern benannt ist, dort wo die Band in den frühen 1990er Jahren ihre ersten Proben abgehalten hatte, um das nunmehr drittes Album Underneath herauszubringen.

Es scheint so, als ob die schlechten Erfahrungen, die die Brüder bislang mit der Musikindustrie machen mussten, sie nur in ihrem Glauben bestärkt hat, dass die einzige Möglichkeit, die Kontrolle über die eigene Karriere zu behalten, in der Unabhängigkeit liegt.

"Unsere erste Platte wurde 1996 noch von Mercury Records veröffentlicht," erinnert sich Taylor an den chronologischen Ablauf der Geschehnisse, die schließlich zur Unabhängigkeit der Band führten. "Während wir am zweiten Album gearbeitet haben (This Time Around wurde 2000 veröffentlicht), wurde Mercury plötzlich Teil eines Label namens Island Def Jam, das aber eigentlich ein reines Rap Label ist. Und uns kam allmählich die Erkenntnis, das wir uns auf etwas gefasst machen konnten. Die Leute, mit denen wir zusammengearbeitet haben, waren Finanzberater und Anwälte, Leute ohne jegliches Konzept für den gesamten Schaffensprozess, der hinter einer Platte steckt, oder für die Weiterentwicklung von Künstlern. Unterm Strich gab man uns damals sechs Wochen Zeit, um entweder Erfolg zu haben oder das wär's für uns gewesen. Auf diese Weise kann man keine Platten produzieren."

Für Taylor ist es wichtig zu betonen, dass die Band keineswegs fallengelassen wurde, trotz der Tatsache, dass von This Time Around nur einen Bruchteil der 8 Million Exemplare verkauft wurde, die seinerzeit das Debüt Album Middle Of Nowhere an Umsatz brachte. Vielmehr sei es sogar so gewesen, sagt er, dass die Band das Angebot von Island Def Jam, Underneath zu veröffentlichen, abgelehnt hat.

"Sie wollten die Platte unter ihrem Label rausbringen, aber wir haben gesagt, 'Wisst Ihr was, Ihr wollt das Album zwar auf den Markt bringen, aber Ihr könnt nichts damit anfangen'," meint er. "Wohin wir auch sahen, alle befreundeten Musikerkollegen befanden sich in ähnlichen Situationen. So kann man einfach keine Platte machen, und so kann man auch keine Karrieren aufbauen."

Die drei Brüder, die ihre entscheidenden Jahre in Trinidad, Ecuador und Venezuela verbrachten, wo ihr Vater als Finanzberater für eine große Ölfirma gearbeitet hat, erkannten, dass es für sie zwei Möglichkeiten gab, die beide mit Risiken verbunden waren. "Aber dann haben wir uns gefragt, 'Was ist das größere Risiko? In diesem Labyrinth zu bleiben, mit Leuten, die unsere Musik entweder nicht verstehen oder die es nicht kümmert; oder in uns selbst zu investieren?'"

Bis jetzt scheint sich ihre Entscheidung auszuzahlen. Die Band hat die Veröffentlichung von Underneath zeitversetzt in verschiedenen Teilen der Erde in die Wege geleitet, was ihnen die Möglichkeit gab, das Album überall durch persönliche Auftritte und Konzerte zu promoten.
Vor einem Jahr kam das Album zunächst in den USA raus, ging dort bis an die Spitze der Billboard Independent Charts und schaffte es bis auf Platz 25 in den "Hot 100". Im Oktober war dann Australien an der Reihe, nur hat das Album hier nicht den gleichen Eindruck hinterlassen, was daran liegen mag, dass Hanson nur zwei Akustik Konzerte gaben, um es zu promoten. Anfang des Jahres hatte die Band im UK dann wieder mehr Erfolg, wo Penny & Me, die erste Single Auskopplung aus Underneath, in die Top 10 einstieg.

Das Album, soviel steht fest, bestätigt die Ambitionen von Hanson überraschend gut. Es kombiniert einen Hauch des 70er Jahre Glamour Pop mit Ansätzen des klassischen Motown Stils, der schon ihre ersten beiden Alben durchzog. Abgesehen von dem sofort ins Ohr

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